Anthropozän
Von Mikroplastik in Gebirgsseen, über die Versteppung ganzer Regionen durch die Erdüberhitzung bis hin zu radioaktive Kontamination durch Atomwaffentests und Kraftwerkskatastrophen wie Fukushima und Tschernobyl.1 Das Einwirken des Menschen in die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde könnte das Ausmaß erreicht haben, um als eigenständiges Erdzeitalter definiert zu werden – als Anthropozän.
Griechisch »ἄνθρωπος (ánthropos)« bedeutet »Mensch«
»καινός (kainos)« bedeutet »neu»
Wie der Mensch die Erde verändert hat
Seit Beginn der industriellen Revolution vor rund 200 Jahren hat der Mensch 1.400 Milliarden Tonnen CO2 in der Atmosphäre gelagert, Atommülllager geschaffen, Milliarden Tonnen Plastikmüll in Flüsse, Meere und Böden verschafft, eine Millionen Arten vernichtet und die Hälfte des Regenwalds gerodet. Das alles in einer Geschwindigkeit, die vorherige, natürliche Veränderungen in der Erdgeschichte bei weitem übertrifft.
Um etwas über frühere Zustände Erde zu erfahren, untersuchen Geologen Erd- und Gesteinsschichten und nehmen Eisbohrkerne. In den sogenannten Proxydaten z. B. CO2-Gehalt in Lufteinschlüssen schließen die Wissenschaftler auf Wetter- und Klimaerreignisse in den vergangenen hunderttausend Jahren. In den neuen Ablagerungen aus den letzten 200 Jahren zeigt sich das Wüten des Menschen in Form von Spuren von Beton, Aluminium und Kunststoffen.
Der Mensch hat so stark in die Substanz der Erde eingegriffen, dass die Folgen noch in 100.000 bis 300.000 Jahren zu spüren sein werden. Das ist die übliche Zeitspanne für eine Epoche in der Erdgeschichte.
Den Begriff »Anthropozän« führte der niederländische Chemiker und Atmosphärenforscher Paul J. Crutzen im Jahr 2002 in seiner Arbeit »Geology of mankind« im nature Magazin ein. Er schlug vor den Beginn des Anthropozän auf die Mitte des 18. Jahrhunderts zu legen. Eine Zeit, in der die Dampfmaschine erfunden wurde und die Treibhaus-Emissionen durch die Industrialisierung den Hochlauf starteten.
Dieser bis heute diskutierte Vorschlag – das seit 12.000 Jahren herrschenden Holozän durch das Zeitalter des Anthropozän abzulösen – wurde anfang 2024 von »International Union of Geological Sciences (IUGS), dem höchsten Wissenschaftsgremium seiner Disziplin, abgelehnt.2 Für das Hinterlassen von Beton, Metallen, Asphalt und Kunststoffen in Erdschichten, für das globales Artensterben, für die massenhafte Verbreitung invasiver Arten und für die Erdüberhitzung und deren Auswirkungen z. B. das Korallensterben oder der tauende Permafrostboden ist »Anthropozän« ein passender und weithin akzeptierter Begriff.
Quellen