CO2-Budget
Ein CO2-Budget oder Treibhausgas-Budget definiert rechnerisch, wie viel die Menschheit, ein Land, ein Unternehmen oder eine einzelne Person noch emittieren darf, wenn eine zuvor festgelegte maximale Erdüberhitzung in Grad Celsius eingehalten werden soll.
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat Anfang 2024 errechnet: Deutschland hat sein CO2-Budget, mit dem das 1,5° Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 % eingehalten werden kann, bereits zu Beginn des Jahres 2023 aufgebraucht.1 Dieser Berechnung liegt eine global gerechte Verteilung von Emissionen zugrunde, wenn wir als Weltgemeinschaft das 1,5°-Ziel noch erreichen wollen.
Deutschland hat Anfang 2023 seine Emissionen jedoch nicht gestoppt. Stattdessen hat die BRD im Jahr 2023 0,673 Gt CO2-Äquivalente emittiert.2 Immerhin eine Reduktion in Höhe von 10,1 % im Vergleich zum Vorjahr.3
Deutschlands Antwort auf die Pariser Ziele ist das Deutsche Klimaschutzgesetz: Bis 2045 will die Bundesrepublik Klimaneutralität erreichen. Damit hat Deutschland erhebliche Defizite in seiner Klimapolitik:
- Die Reduzierung der Emissionen ist zu langsam. Die Klimaneutralität müsste bereits heute (2024) erreicht sein.
- Die Trägheit der großen Transformationen: Pflanzliche Nahrung statt Tiere essen, Wärme- und Energiewende, Elektromobilität, Grüne Industrie (z. B. Wasserstoff statt Gas)
- Politische Blockade von einfach umzusetzenden Maßnahmen wie Tempolimit, Abbau fossiler Subventionen (z. B. Dienstwagenprivileg). Stattdessen liefert Volker Wissing (FDP) Satire: »Es gibt nicht genügend Schilder für das Tempolimit.«
Laut Umweltbundesamt müssen wir in Deutschland die Geschwindigkeit der Emissionsreduzierung verdreifachen. Von einer derzeitigen Reduzierung der Emissionen von 1,9 Prozent pro Jahr auf mindestens sechs Prozent pro Jahr.4
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) sagt, dass wir die Erdüberhitzung bei 1,75 °C mit 67 % Wahrscheinlichkeit begrenzen könnten, wenn Deutschland bis ab sofort nur noch 3,9 Gigatonnen CO2-Äquivalente emittieren würde. Zur Einhaltung dieses Budgets müssen wir ab sofort die Emissionen bis 2037 auf null reduzieren.
Weltweit gesehen verbleiben uns als Menschheit laut einer Studie in Nature Climate Change von Anfang 2023 bis 2030 nur noch 250 Gt. CO2, um das 1,5° Grad einzuhalten.5 Zum Vergleich: Die CO2-Emissionen im Jahr 2023 betragen 37,4 Gt.6
Wie das gehen könnte, zeigt die Initiative German Zero. Sie beschreibt in ihrem Klimanotstandspaket, wie Deutschland bis 2035 klimaneutral werden kann. Aber welcher Politiker oder Politikerin traut sich an den Baustein »Keine Neuzulassungen von Verbrenner-PKW ab dem Jahr 2025«?
Ein ähnliches Vorgehen nach dem Budget-Prinzip lässt sich auf einzelne Personen anwenden. Laut Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber dürfte eine Person maximal drei Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr emittieren, wenn die Erdüberhitzung auf deutlich unter 2° begrenzt werden soll.7 Aktuell emittiert ein Deutscher oder eine Deutsche etwa 10 Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e) pro Jahr.8 Notwendig wäre eine Reduktion von 73 %. Diese Turboreduzierung ist nicht mit dem Wunsch nach Thailandurlaub, Fleischbergen und der Diesel-, Zement- und Stahlsucht vereinbar. Um mehr als drei Tonnen Emissionen pro Person zu ermöglichen, schlägt der Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung vor, einen privaten CO2-Emissionshandel zu etablieren. Personen, die weniger als drei Tonnen emittieren, können überflüssige Verschmutzungsrechte an andere Personen verkaufen. Eine drastische Maßnahme, die aber zumindest die extrem hohen Emissionen reicher Menschen bepreisen würde. Mit einem Privatjet-Flug von Wilhelmshaven nach Frankfurt über 500 Kilometer sind die drei Tonnen CO2 emittiert.
Als Investor solltest Du prüfen, wie realistisch die Klimaschutzmaßnahmen von Unternehmen sind und ob diese sich ebenfalls am Budget gemäß Pariser Klimazielen orientieren. Im zweiten Schritt solltest Du Dir die Entwicklung der vergangenen Emissionen (Scope 1 – 3) des Unternehmens anschauen. Hält sich das Unternehmen an den vorgegebenen Reduktionsumfang und die Geschwindigkeit? Ein Qualitätsmerkmal von Klimazielen ist, wenn diese »Science-based targets (SBT)« zertifiziert sind.
Die Emissionswerte Scope 1–3 gemäß Greenhouse Gas Protocol findest du im Geschäfts- oder Nachhaltigkeitsbericht des Unternehmens. Einige Aktien-Websites bieten diese Emissionsdaten mittlerweile an. Etwa das EESG© (Eulerpool ESG) Rating (Beispiel: Heidelberg Materials).
Quellen
- umweltrat.de
- umweltbundesamt.de
- umweltbundesamt.de
- umweltbundesamt.de
- nachhaltigwirtschaften.at
- zeit.de
- ndr.de
- umweltbundesamt.de