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Klimaziele

Es gibt drei Arten von Klimazielen:

  • Begrenzung der Erdüberhitzung auf eine maximale Gradzahl: Das einzige Ziel dieser Art ist das Pariser Übereinkommen: Begrenzung des weltweiten Anstiegs der Durchschnittstemperatur auf 1,5°, max. 2° im Vergleich zur vorindustriellen Zeit vor 1850.
  • Klimaneutralität: Definiert ein Jahr, bis zu welchem ein Unternehmen, ein Land, eine Stadt oder eine Organisation Klimaneutralität erreichen will.
  • Reduktionsziel: Aus dem Ziel der Klimaneutralität leiten sich diese als Zwischenziele ab. Bis zu welchem Jahr soll welche Reduktionsleistung der Treibhausgasemissionen erreicht werden? Die Angabe der Reduktion erfolgt meist in Prozent im Vergleich zu den Emissionen aus einem vergangenen Jahr. Beispiel: Reduktion der Emissionen um 25 % von 2015 bis 2025

Sämtliche Klimaschutzziele beziehen sich auf zukünftige Emissionen und nicht auf vergangene Emissionen. Manche Unternehmen haben dies erkannt und handeln. Microsoft zum Beispiel will alle seine historischen Emissionen seit 1975 über Carbon Capture Technologien zurückholen.1 Würden wir als Menschheit alle seit der Industrialisierung getätigten Emissionen zurückholen, müssen wir 1,4 Billionen Tonnen CO2 einfangen. Das 35-fache dessen, was die Menschheit jährlich emittiert.

Klimaziele definieren nur die eine wichtige Säule im Kampf gegen die Erdüberhitzung: die Reduzierung von Treibhausgasemissionen (Reduktion). Nicht enthalten sind Ziele zur Anpassung (Adaption) an die Folgen der Erdüberhitzung wie Dürren, Hitze, Starkregen, Fluten und die Folgekosten der Schäden. Ein solches Ziel wäre etwa, wenn die Stadt Stuttgart definieren würde, dass bis 2050 die Innenstadt zur hitzeresistenten Stadt mit ausreichend Begrünung, öffentlichen Kühlräumen und kostenlosen Trinkwasserspendern und genügend Abflussmöglichkeiten für viel Wasser in kurzer Zeit (Schwammstadt) ausgebaut werden soll.

Globales Klimaziel: Das Übereinkommen von Paris

Im Dezember 2015 einigten sich 195 Staaten in Paris darauf, die Erdüberhitzung auf 2°, möglichst auf 1,5° Grad zu begrenzen.2 Das bedeutet für die einzelnen Nationalstaaten, dass sie enorme CO2-Reduzierungen erreichen müssen. Diese legen sie in ihren nationalen Klimazielen (Nationally Determined Contributions, NDCs) fest. Die Vertragsparteien (Staaten) verpflichteten sich zur Transparenz bei der Berichterstattung über ihre Emissionen und ihre Klimaschutzmaßnahmen.

Alle fünf Jahre müssen die Staaten ihre nationalen Fortschritte bei der Emissionsreduzierung der UN vorlegen. Die Organisation veröffentlicht den Status in ihren Emissions Gap Reports.3 Bisher reichen die nationalen Anstrengungen nicht, um die Erdüberhitzung auf unter 2° zu begrenzen. Nimmt man alle Versprechen (nationale Klimaschutzziele) zusammen, würde sich laut IPCC die Oberflächentemperatur der Erde nach derzeitigem Stand um etwa 2,7° gegenüber der vorindustriellen Durchschnittstemperatur überhitzen.4

Aus dem Paris-Ziel ergibt sich ein weltweites CO2-Budget, das verbraucht werden darf, um die Erdüberhitzung auf 1,5° zu begrenzen. Dieses Budget beträgt Mitte 2024 noch 213 Gt CO2-Äquivalente. Jährlich verbraucht die Menschheit etwa 40 Gt. Das Budget reicht von 2024 an gerechnet noch etwa fünf Jahre bis 2029. In einem 2° Szenario stehen der Menschheit noch etwa 963 Gt CO2-Äquivalente zur Verfügung. Dies würde ab 2024 gerechnet noch etwa 22 Jahre, also bis zum Jahr 2046 reichen.5

Das große Problem dabei ist, dass nicht eindeutig definiert ist, welches CO2-Budget welcher Nation noch zusteht. Eine naheliegende Methode wäre es, das für die gesamte Menschheit verbleibende Budget gerecht auf alle Erdbewohner gleichmäßig zu verteilen. Das Ergebnis: Deutschland müsste Ende 2025 klimaneutral sein. Dies zeigt der Datenjournalist Christian Mihatsch in seinem Projekt »ShowYourBudgets«. Mit seinem aktuellen Klimaziel, der Klimaneutralität bis 2045, befindet sich Deutschland auf einem globalen 1,8° Erhitzungspfad. Anders gesagt: Würden alle Staaten der Welt ähnlich wie Deutschland reduzieren, würde die Erderhitzung mit 66 % Wahrscheinlichkeit auf 1,8° begrenzt werden können.

Bis heute gibt es kein vergleichbares Klimaschutzabkommen, dem nahezu alle Staaten der Erde zugestimmt haben.

Klimaziele Deutschland

2021 kippte das Bundesverfassungsgericht die bis dahin gültige Fassung des deutschen Klimaschutzgesetzes.6 Laut Gericht waren die im Gesetz vorgegebenen Anstrengungen und Zwischenziele zur Reduktion der Emissionen (minus 55 % bis 2030) nicht ausreichend. Ab 2030 hätten die Reduktionsmaßnahmen so intensiv ausfallen müssen, dass die Menschen unzumutbare Freiheitseinschränkungen hinnehmen hätten müssen. Durch dieses Urteil wurde zum ersten Mal der Generationenkonflikt deutlich: Die jetzt lebenden Menschen dürfen nicht unbegrenzt die fossile Party feiern, weil es den zukünftigen Generationen ein ausreichend gutes und gesundes Leben verhindern würde. Der deutsche Ethikrat hat in seiner Stellungnahme »Klimagerechtigkeit«7 betont, dass die Lasten und Pflichten, die sich aus der Erdüberhitzung, der Emissionsreduzierung und den Anpassungen daran ergeben, gerecht auf die alle Generationen verteilt werden müssen. Der Ethikrat definiert diese Generationengerechtigkeit so, dass »Mindestvoraussetzungen für ein gutes, gelingendes Leben jetzt und in Zukunft erfüllt sein müssen.«

In der nach dem Urteil angepassten und derzeit gültigen Version des deutschen Klimaschutzgesetzes ist vorgeschrieben, dass Deutschland bis 2045 den Netto-Null-Zustand (Klimaneutralität) erreichen muss.

Zwischenziele auf dem Weg zur Deutschlands Klimaneutralität

  • bis 2030 minus 65 % gegenüber 1990
  • bis 2040 minus 88 % gegenüber 1990

Über die Einhaltung dieser Zwischenziele und den Zielen für die einzelnen Bereiche, den Sektorenzielen (Verkehr, Landwirtschaft, Gebäude, Energiewirtschaft, Industrie, Abfallwirtschaft) gab es immer wieder Streit. Höhepunkt war Volker Wissings Aussage: »Wenn die Sektorenziele im Verkehr wirklich erreicht werden sollen, sind Fahrverbote notwendig.«

Der Zielzustand Treibhausgasneutralität (Netto Null) bedeutet nicht, dass Deutschland ab 2045 keine Treibhausgase mehr ausstoßen darf. Ab 2045 darf Deutschland nur noch so viel Treibhausgase emittieren, wie natürliche Senken, also Wälder, Moore, Gewässer und Böden aufnehmen können. Die Bilanz aus Ausstoß und natürlicher Wiederaufnahme der Treibhausgase ist demnach bei 0.

Darstellung der deutschen Klimazeile als Diagramm. Bis 2030 soll eine Reduktion der Treibhausgasemissioinen um mindestens 65 % erfolgen. Bis 2040 um mindestens 88 % und bis 20245 soll Deutschland treibhausgasneutral sein. Die Redierzung bezieht sich jeweils auf die Referenzmenge aus dem Jahr 1990. Quelle: Bundesregierung.de
Die deutschen Klimaziele gemäß Klimaschutzgesetz

Schafft Deutschland seine Klimaziele bis 2030?

Robert Habeck verkündete im März 2024, dass die deutschen Klimaziele bis 2030 erreicht werden könnten.

Im Februar 2025 stellte der Expertenrat für Klimafragen in seinem Zweijahresgutachten 2024 fest, dass Deutschland seine Klimaziele bis 2030 verfehlen werde. Grund sind die geringen Leistungen in der Emissionsreduzierung in den Bereichen Verkehr und Gebäude. Die notwendigen Maßnahmen sind bekannt, werden aber nicht stark genug verfolgt:

Verkehrswende 

  • Förderung und Ausbau von Bus und Bahn
  • Tempolimit auf Autobahnen
  • Umstellung auf E‑Mobilität

Energetische Sanierungsoffensive für Altbauten

 

  • Sanierung von Altbauten durch Dämmung und neue Fenster
  • Heizungstausch: Wärmepumpe statt Öl- und Gasheizungen
  • Schneller Ausbau der Fernwärmenetze in Städten

Reichen die deutschen Klimaziele, um das Paris-Ziel zu schaffen?

Dass diese deutschen Ziele zu niedrig sind, um das Paris-Ziel zu erreichen, wird immer wieder von Umweltschutzverbänden kritisiert. Unter anderem ist im Bereich Verkehr keine Reduzierung der Emissionen seit 1990 erreicht worden. Im Sommer 2024 wurden in der Neufassung des deutschen Klimaschutzgesetzes die verbindlichen Sektorenziele gestrichen. Das bedeutet, dass beispielsweise der Verkehr weiter auf dem zu hohen Niveau emittieren kann, wenn ein anderer Bereich z. B. die Industrie sehr viel mehr reduziert. Was zählt, ist nur noch die Gesamtbilanz aller Sektoren.

Aus diesem Notstand der zu langsamen Transformation entstand die NGO germanzero. Diese legt einen Plan vor, wie Deutschland bis 2035 klimaneutral werden könnte. Kein Politiker traut sich, den Unternehmen und den Bürgern eine derart hohe Intensität und Geschwindigkeit in der Transformation vorzuschreiben. Diese Maßnahmen kämen einem Klima-Lockdown gleich. Zu groß ist die Angst der Politiker vor Wutbürgertum, AfD, Bauernprotesten, Gesternklebern und der Klimaschmutzlobby.

Ziel »Klimaneutralität« der Europäischen Union

Die EU mit ihren 27 Mitgliedstaaten beschloss im Jahr 2021, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden soll. Dies ist im Green Deal definiert – ein Bündel aus Vorhaben und Maßnahmen, um dieses Klimaziel zu erreichen.9

Ziel »Klimaneutralität« der Europäischen Union

Die EU mit ihren 27 Mitgliedstaaten beschloss im Jahr 2021, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden soll. Dies ist im Green Deal definiert – ein Bündel aus Vorhaben und Maßnahmen, um dieses Klimaziel zu erreichen.

  • 55 % weniger Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 (»Fit für 55«)
  • Ein Drittel der 1,8 Bio. EUR aus dem Aufbauplan NextGenerationEU und dem 7-jährigen Haushalt der EU werden zur Finanzierung des »Grünen Deals« eingesetzt.
  • Drei Milliarden zusätzliche Bäume in der EU bis 2030
  • Emissionen von Neuwagen bei 0 g CO2. Dieses Vorhaben wurde als »Verbrennerverbot« diskutiert.10
  • 45 % erneuerbare Energien bis 2040
  • Förderung natürlicher CO2-Senken wie Böden, Moore, Bäume und Pflanzen.
  • Einführung eines aktualisiertes Emissionshandelssystem: EU-ETS II

Im seit 2003 gültigen EU-ETS (European Union Emissions Trading System) werden bisher nur die Emissionen aus der Energiewirtschaft und der Industrie innerhalb der EU bepreist. Im Juli 2024 liegt der Preis bei 70 € pro Tonne CO2. Betroffen sind ca. 9.000 Unternehmen und etwa 40 % der Emissionen in der EU. Ab 2027 soll die nächste Stufe des CO2-Bepreisung starten: Mit dem EU-ETF II werden zusätzlich die Emissionen aus dem Verkehrs- und Gebäudebereich erfasst. Unternehmen aus den betroffenen Bereichen, die fossile Produkte auf den Markt bringen, müssen für jede emittierte Tonne CO2 ein Zertifikat kaufen. Im EU-ETS II wird ein deutlich höherer CO2-Preis zwischen 150 € und 400 € erwartet. Für Verbraucher bedeutet das: Heizen mit Gas und einen Benziner oder Diesel zu betanken wird teurer. Bei einem CO2-Preis von 200 € pro Tonne kostet ein Liter Benzin 0,38 € pro Liter mehr. Eine angekündigte Schockflation. 

Zudem soll es soziale Unterstützung für Bürgerinnen und Bürger und kleine Unternehmen geben. Wie schwer sich damit die Politik in Deutschland allerdings tut, zeigt der Streit um das Klimageld. Es wäre eine einfache Möglichkeit, die Einnahmen aus dem CO2-Zertifikatehandel an die Bürger und Bürgerinnen zurückzugeben und die Botschaft zu senden: »Emissionsarm zu konsumieren lohnt sich auch finanziell.«

In der politischen Umsetzung von Klimazielen entstehen in der Bevölkerung Wut und Unsicherheiten. Bis hin zu Misthaufen, mit Unfällen und Toten auf deutschen Autobahnen.11 Das Erstarken der AfD, der Vertrauensverlust in die Politik (Wutbürger) sind ebenfalls Folgen dieser als übergriffig empfundenen Maßnahmen wie 15 Millionen vollelektrische PKWs oder sechs Millionen Wärmepumpen 2030. Stattdessen wurden 2023 etwa 1,3 Millionen Gasheizungen verkauft.12

Ziele »Klimaneutralität« der 10 größten Emittenten

Land Klimaneutralitätsziel Anteil Emissionen (Jahr 2019) 13
China
206014
29,7 %
USA
205015
13,9 %
Indien
207016
6,9 %
Russland
kein Ziel bekannt
4,6 %
Japan
205017
3,2 %
Deutschland
204518
2,0 %
Südkorea
205019
1,8 %
Iran
kein Ziel bekannt
1,9 %
Saudi-Arabien
kein Ziel bekannt
1,7 %
Kanada
205020
1,6 %
Quelle: 13–19