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Klimaschutz

Aufhören ist Klimaschutz. Aufzuhören, Öl, Kohle und Gas aus der Erde zu holen und zu verbrennen. Aufhören Tiere zu essen. Der traditionelle Motivationsspruch »Fang endlich an« wird erweitert, um den Zusatz »aufzuhören«: »Fang endlich an aufzuhören« könnte ein Alien sagen, der auf die Erde schaut und vor der Übernahme und der geplanten Sanierung der Erde die Treibhausgasbilanz der Bewohner durchleuchtet. Er fragt sich, was die Menschheit da tut. Sie emittiert 38 Gigatonnen (38 Milliarden) Tonnen CO2 pro Jahr. Die fossile Industrie verdient vier Milliarden am Tag mit diesen Emissionen seit 50 Jahren. Ohne für die Folgeschäden zu bezahlen oder haftbar gemacht zu werden.1 Das ist ein Bilanzbetrug zu Ungunsten des Nachwuchses, der auf einer überhitzten Erde schwitzen muss und einen bayerischen Ministerpräsident ertragen muss. Dieser steht mit landesfarbener Regenjacke im Überflutungsgebiet und sagt »Mit Hochwasser und Schäden dieses Ausmaßes konnte keiner rechnen«. Hätten wir vielleicht damit rechnen sollen, dass niemand auf die seit Jahrzehnten mahnenden Hinweise von Wissenschaftlern hört? Sie weisen in ihrer Attributionsforschung nach, dass Extremwetterereignisse durch die Erdüberhitzung zunehmen. Harald Welzer stand kurz vor seinem Tod – schrieb daraufhin das Buch »Nachruf auf mich selbst: Die Kultur des Aufhörens«. Er fragt sich, warum wir das Aufhören negativ bewerten, warum wir nicht aufhören, Flughäfen und Autobahnen zu bauen für eine Zukunft, in der wir uns solche Energieverschwendung nicht mehr leisten können, weil die Folgekosten der Erdüberhitzung nicht mehr zu stemmen sind.

Wie schwer es uns fällt, mit dem Emittieren von Treibhausgasen aufzuhören, zeigt sich am Tempolimit. Es würde sechs Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Alle bisherigen Verkehrsminister bremsen diese Maßnahmen seit Jahrzehnten aus. Den Höhepunkt des Verteidigungskampfes »Freie Fahrt für freie Bürger« setzte Volker Wissing. Er behauptete, es gebe nicht genug Schilder für ein Tempolimit.

»Niemand hat Bock auf Verlustgeschichten«, sagt Alena Buyx und meint, dass wir Erfolgsgeschichten brauchen statt Vernichtungsgeschichten, um die Menschen für Klimaschutz zu motivieren und deren Blockadehaltung zu lösen. Etwa die Entwicklung von Paris vom Automoloch zur lebenswerten Stadt mit weniger Platz für Autos und mehr Fläche für Menschen. Als Mitglied des deutschen Ethikrats hat die Wissenschaftlerin an der Empfehlung »Klimagerechtigkeit« gearbeitet. Darin wird Klimagerechtigkeit zu einem Erfolgsrezept im Klimaschutz erhoben: Statt Einzelmaßnahmen wie Klimageld, CO2-Preis oder Tempolimit symbolisch aufzuladen, legt der Ethikrat ein Gerechtigkeitskonzept vor: Die Lasten und Pflichten des Klimaschutzes sollten so verteilt werden, dass Mindestvoraussetzungen für ein gesundes Leben jetzt und in Zukunft für alle möglich ist und nicht nur einzelne Gruppen profitieren wie z. B. bei der Förderprämie für Elektroautos, die sich trotz Zuschuss nur Gutverdiener leisten konnten. Buyx nennt das »Individualisierungsfalle«.

Bodensee von der Insel Reichenau aus bei Abendstimmung

Die Schwierigkeit des Aufhörens

Erstens sollten wir aufhören, fossile Energieträger in diesem Ausmaße zu verbrennen und die Emissionen pro Person auf eine Tonne CO2 pro Jahr reduzieren. Zweitens müssen wir uns an Dürre, Hitze, Brände, Starkregen, Sturzfluten, Ernteausfälle und den Ausfall von Ökosystemen anpassen. Jetzt die Schuldenbremse aufweichen, um die Infrastruktur auszubauen und an die Belastungen durch längeren Hitzephasen (Omega-Wetterlagen) und Starkniederschlägen anzupassen? Das würde bedeuten, Städte zur Schwammstadt umzubauen mit genügend Abflussmöglichkeiten für Wassermassen. Mit mehr Pflanzen und Bäumen, mit weniger versiegelten Flächen und mehr öffentlichen Trinkwasserspendern? Hochwasserschutz, Rückbau von begradigten Landwirtschaftsflächen mit mehr natürlichen Hindernissen um »stürzendes Wasser« zu verlangsamen, Hitzeschutz-Konzepte für Städte mit besonderer Aufmerksamkeit für ältere Menschen und Kinder. Bis hin zu öffentlichen Kühlräume wie es sie z. B. in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona gibt.

Ein weiterer Baustein im Klimaschutz ist das technische Auffangen von Kohlenstoffdioxid. Nach dem Auffangen wird es dauerhaft Boden gespeichert z. B. in alten Gasbohrlöchern in der Nordsee. Die Technologie nennt sich CCS, Carbon Capture and Storage. Das CO2 wird vor dem Entweichen in die Luft z. B. am Schornstein eines Verbrennungsofens eingefangen, verflüssigt und zum Speicherort transportiert. Eine umstrittene Technologie mit hohem Energiebedarf, die kürzlich in Deutschland genehmigt wurde. Eine weitere Form ist DAC, Direct Air Capture. Dabei wird CO2 direkt aus der Luft entzogen. Eine Tonne zu entnehmen kostet derzeit etwa 100 – 300 €. Ist also noch zu teuer, da das Emittieren einer Tonne CO2 in die Atmosphäre weniger als 70 € kostet. Zudem wird die DAC-Technik in den nächsten Jahrzehnten nicht in einer Größenordnung skaliert werden können, um die CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu senken. Der IPCC schätzt, dass technischer CO2-Speichertechnologien etwa 1 % aller menschlichen Emissionen wieder entnehmen können.2 Wer glaubt, dass mit CSS das große Geschäft winkt und in z. B. in Aker Carbon Capture aus Norwegen investiert, sollte die Bedeutung dieser Abscheidungstechnologie nicht überschätzen, sondern deren Rolle und Wirksamkeit genau kennen.

Neben den technischen CO2-Reduzierung müssen natürliche Treibhausgassenken gestärkt werden: Wiedervernässung von Mooren, Aufforstung und Verhinderung von Rodungen, Schutz von Seegraswiesen und der Erhalt und die Förderung von Humusböden. Die Herausforderung in der Landwirtschaft: Der Aufbau von Böden zur CO2-Aufnahme müsste sich für Landwirte finanziell lohnen und klimaschädliches Wirtschaften wie Massentierhaltung, Überdüngung und Monokulturen dürften sich nicht mehr rechnen.

Es geht nicht darum jetzt alle Kraft auf Anpassung zu setzen, weil wir die Erdüberhitzung sowieso nicht mehr aufhalten können und unser Eiweiß bei einer derzeit wahrscheinlichen Überhitzung von +3 ° und damit einhergehenden Temperaturen von 50 Grad in Berlin gerinnt. Es geht darum, beides mit vollem Einsatz aus Wille und Investitionen durchzuführen: Anpassung und Emissionsminderung.