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Postfossile Wirtschaft

Es gibt keine Tankstellen, keine Gas- und Ölheizungen mehr. Kein Kerosin. Nur noch CO2-freien Stahl und Zement. In Berlin findet die »Upcycling-Fashion-Week« statt. Trotzdem mangelt es an nichts. Für manche Menschen vorstellbar – für Fossilisten eine Kriegserklärung an die eigene Identität.

Ein postfossiles Wirtschaftssystem wird durch 100 % regenerative Energien versorgt. Unternehmen und Personen in einer postfossilen Wirtschaft emittieren keine Treibhausgase. Ein Zustand »Nullemissionen« ist kaum zu erreichen. Ein kleiner Rest nicht vermeidbaren Emissionen könnte durch die »Carbon Capture Technologie« eingefangen werden. Anschließend kann das CO2 im Kreislauf (Carbon Capture and Usage) gehalten werden oder dauerhaft in der Erde oder im Meeresgrund (Carbon Capturing and Storage) gespeichert werden. Im Jahr 2024 über Carbon Capture zu reden, ist wie beim Hausbau über die Vorhangfarbe zu diskutieren, wenn noch nicht mal die Mauern stehen. Heißt: Alle Aufmerksamkeit und Kraft muss in die Reduktion der Treibhausgase gesteckt werden.

Der Zustand einer Wirtschaft ohne Öl, Gas und Kohle, ohne CO2– und Methan-Emissionen wird vermutlich nie erreicht werden. Stattdessen streben Staaten und Unternehmen Klimaneutralität an. Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. China bis 2060.1 Die Rechnung dahinter heißt: »Wir stoßen nur so viel Treibhausgase aus, wie die auf unserer Landesfläche befindlichen natürlichen Kohlenstoffspeicher wie Böden, Wälder, Moore und Meere aufnehmen können.« Leider wird dabei nicht beachtet, dass diese Kohlenstoffspeicher zunehmend an Kapazität verlieren. Der deutsche Wald hat sich bereits von der Kohlenstoffsenke zur Kohlenquelle gewandelt. Die Aufnahmefähigkeit der Kohlenstoffsenken müsste in der Rechnung »Klimaneutralität« deutlich reduziert werden.

Den Prozess von der fossilen Wirtschaft hin zu einer postfossilen Wirtschaft nennt man Dekarbonisierung. Mit welchen Maßnahmen wir einen solchen Zustand annähernd erreichen können, ist Auslöser heftiger politischer Debatten, etwa beim Populisten-Hassobjekt »Wärmepumpe«. Dabei sagt die Wissenschaft eindeutig: »Die Emissionen müssen runter!«.

Was sind die wichtigsten Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen?

  • Energiewende: Umstellung von Kohle, Öl und Gas auf die Energieerzeugung aus Photovoltaik, Wind und Wasserkraft
  • Abkehr vom Verbrennungsmotor hin zu Elektromobilität und Ausbau öffentlicher Nahverkehr
  • Stahlproduktion aus grünem Wasserstoff statt mit Gas
  • Umstellung aller industrieller Prozesse auf erneuerbare Energien
  • Kreislaufwirtschaft: Wiederverwendung von Materialien, Minimierung von Abfall, effizienterer Ressourceneinsatz
  • Reduzierung des Konsums: z. B. weniger Fliegen, weniger Totmasse anhäufen
  • Umweltverbrauch reduzieren: Verhalten, wirtschaften und konsumieren mit minimalem Ressourceneinsatz und negative Folgewirkungen verhindern
  • Ernährung: »Pflanzen essen« statt »Pflanzen essen«, Bio-Landwirtschaft
  • Erhalt der Leistung von Ökosystemen wie Böden, Mooren, Seen, Flüsse und Meere z. B. durch weniger Flächenversiegelung
  • Schutz der Biodiversität
  • Herstellung von mehr Gerechtigkeit: 1 % der Weltbevölkerung verursacht 17 % aller Emissionen2
  • Finanzieller Wohlstand: 1 % der Weltbevölkerung besitzt 46 % des weltweiten Vermögens1
  • Neubewertung des Wachstumszwangs, siehe Degrowth
Bodenseeufer bei Abend mit Sonnenuntergang. In einer postfosillien Wirtschaft entstehen kaum mehr Treibhausgase. Unternehmen aus den Bereichen Wasser, Energie, Landwirtschaft, Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung und könnten von der Dekarbonisierung profitieren.

Welche Unternehmen könnten von dieser größten Transformation der Menschheit profitieren?

  • Veolia: Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Meerwasserentsalzung, Energie, Gebäudeservices und Infrastruktur
  • Siemens Energy: Windkraftanlagen und Biomasse-Kraftwerke, Speicherlösungen, Netztechnik
  • Aker Carbon Capture: Abscheidung von CO2 in Industrieprozessen z. B. in der Zementproduktion, CO2-Speicherung als Service
  • Brookfield Renewable Partners: Windkraft, Wasserkraft, Photovoltaik, Energiespeicherung
  • Swiss RE: Der Rückversicherer profitiert von dem steigenden Bedarf nach Versicherungen für Elementarschäden aufgrund steigender Schäden durch Hitze, Starkregen und Stürme und Hochwasser.
  • Lindsay: Bewässerungssystem für die Landwirtschaft: Mit der Tröpfchenbewässerung von Lindsay lassen sich im Anbau bis zu 80 % Wasser sparen. Hintergründe und die besten Wasseraktien für 2025 in meinem Artikel »3 % Süßwasser – 97 % Salzwasser: Investmentchance Wasseraktien«
  • TOMRA: Leergutautomaten, Kreislaufwirtschaft, Recycling. Profitiert vom Rohstoffmangel durch die mehrfache Verwendung von Materialien.
  • BYD: Elektrofahrzeuge: Profitiert von der Umstellung in Industriestaaten auf Elektromobilität. Der chinesische Hersteller BYD bietet Elektroautos vom Kleinwagen zum Luxusfahrzeug zu deutlich günstigeren Preisen als europäische Hersteller.
  • Microsoft: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz: Hilft Unternehmen, digitaler, effizienter zu werden, weniger Ressourcen zu verbrauchen und weniger Treibhausgase zu emittieren. Microsoft selbst hat ein hohes Nachhaltigkeits-Ranking (ESG Score)4 und will bis 2030 100 % seines Strombedarfs durch CO2-freie Energie decken.5