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SRI und ESG

Du gehst durch den LIDL: »Was, diese Sesamcracker haben nur 1 g Zucker auf 100 g«, oder »Europäische Fair-Trade Bananen mit kurzem Transportweg?«, »Biojoghurt aus dem Schwarzwald – kaufe ich!«. Wie streng sind deine Filter? Wenn du nur vegane, glutenfreie, regionale, zuckerfreie, klimafreundliche, histaminfreie und laktosefreie Reiswaffeln kaufen willst, die von Mitarbeitern mit Mindestlohn-Bezahlung hergestellt wurden, dürfte das Sortiment von 4.300 Produkten auf null schrumpfen.1

Ähnlich ist es beim Investieren. Du willst breit diversifiziert investieren? Dann kommst du an einem Fonds kaum vorbei. Wer erstellt diesen Fonds? Ein Fondmanager. Sein Auftrag: Erstelle einen nachhaltigen Fonds! Der Fonderschaffer wertet mithilfe von Software und KI Unternehmensdaten aus. Zum Beispiel die Emissionsdaten, den Wasserverbrauch, die Abfallintensität und den Anteil an Frauen im Vorstand. Er spricht mit den Managern und Managerinnen des Unternehmens: »Betreibt ihr aktive Steuervermeidung? Wann wollt ihr Netto-Null erreichen? Stellt ihr auf regenerative Energie um?« Der Fondmanager liest Medienberichte über das Unternehmen. Irgendwann sagt er oder seine Software »Kaufen!« oder »Finger weg!« Bei »Kaufen!« landet die Aktie des Unternehmens im »Climate net zero full green better future for next generation premium equal weight Paris-aligned Funds«. Die üblichen Klimaschädlinge wie beispielsweise Shell, Chevron, ExxonMobil, BP, Coal India, Gazprom und RWE sind nicht enthalten. Das hebelt den Fond stark in Richtung »Klimafreundlichkeit«. Immerhin verursachen weltweit 57 Konzerne 80 % aller Treibhausgasemissionen. Der Nachteil für Anleger: Solche aktiven Fonds sind teuer. Der aktive Fonds »Tomorrow Better Future Stocks Fund« beispielsweise schließt Waffen, intensive Tierhaltung, fossile Brennstoffe, Unternehmen mit Steuerbetrugsfällen und Steuervermeidungsstrategien, sowie Unternehmen mit Menschenrechtsverletzungen aus – kostet jedoch 1,5 % Gebühren pro Jahr. Mit 0,22 % Gebühren ist ein passiver Fonds mit SRI-Filterung wie der UBS ETF (LU) MSCI World Socially Responsible deutlich günstiger.

Was ist ein ESG-Rating?

MSCI erstellt ESG-Ratings für über 2.900 Unternehmen, die im MSCI All Country World Index (ACWI) enthalten sind.4 Diese Ratings helfen Anlegern, die langfristigen, finanziell relevanten ESG-Risiken und -Chancen der Unternehmen zu bewerten. Ein Kriterium des Fragebogens ist beispielsweise, ob das Unternehmen gegen Abkommen über Kinderarbeit oder Arbeitsschutz verstößt oder wie hoch die CO2-Intensität ist. Die Prüfung umfasst bis zu 150 Einzelkriterien.5

ESG steht für »Environmental, Social and Governance«

Environmental (Umwelt)

Darunter werden unter anderem die Emissionen von Treibhausgasen, die Nutzung von Ressourcen (Wasser, Fläche, Rohstoffe usw.) und die Abfallintensität betrachtet.

Social (Soziale Verantwortung)

Sozialkriterien beziehen sich auf die Auswirkungen einer Unternehmenstätigkeit auf die Gesellschaft. Dazu gehören beispielsweise die Arbeitsbedingungen, die Menschenrechte und die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften.

Governance (Unternehmensführung)

Governance-Kriterien beziehen sich auf die Unternehmensführung. Dazu gehören beispielsweise die Transparenz, die Rechenschaftspflicht und die Korruptionsbekämpfung.

Wer erstellt die ESG-Ratings?

ESG-Rating bilden die Grundlage für die transparente Bewertung einer Nachhaltigkeitsstrategie. Gleichzeitig ist das Ziel für Investoren, zu entscheiden, ob die Aktie ins Portfolio oder passt. MSCI ist einer der führenden Anbieter von ESG-Rating. Weitere Anbieter sind Sustainalytics und Institutional Shareholder Services (ISS). Diese erheben und verarbeiten Nachhaltigkeitsdaten von Unternehmen (z. B. Emissionswerte Scope 1–3) und dienen als Grundlage für Bewertungen und ESG-Produkte, z. B. ESG-ETFs von MSCI.

Aus 1.395 werden 389: Wie funktioniert nachhaltiges, passives Investieren mit ESG- und SRI-ETFs?

Der in Deutschland gehypte »MSCI World ETF« enthält 1.395 Unternehmen. Es findet keine Filterung nach »grün« und »ölschwarz« satt. Gibt es den auch in nachhaltig? Ja, er heißt dann »MSCI World Socially Responsible (SRI)«. Nach der Reinwaschung verbleiben noch 389 Unternehmen im ETF. Es wurden 75 % der Unternehmen aussortiert aufgrund von schlechten Nachhaltigkeits-Ratings. Das Investieren in einen SRI ETF habe ich in meinem Artikel »Finanzen endlich im Griff und klimaschonend investieren« beschrieben.

Was ist der Unterschied von ESG und SRI?

Sowohl ESG- als auch SRI-Methoden arbeiten mit einem Ausschlussverfahren. Der Unterschied zwischen ESG und SRI liegt in der Strenge der Filterung. In einem ESG-ETF ist beispielsweise TotalEnergies enthalten. Warum? Weil TotalEnergies unter den Ölunternehmen als das nachhaltigste oder anders gesagt »das am wenigsten schädliche« gilt. Es will bis 2050 klimaneutral werden. Es gilt als das nachhaltigste Unternehmen innerhalb der Branche »Energie«. In einem ESG-ETF wird der Sektor »Fossile Energie« nicht ausgeschlossen. Die Methode, mit der ESG-Indexs erstellt werden heißt »Best-in-Class-Ansat«. Beim Best-in-Class-Ansatz werden Unternehmen ausgewählt, die innerhalb ihrer Branche die besten Nachhaltigkeitspraktiken verfolgen. In einem SRI-EFT hingegen wird nach der »Best-of-Class-Methode« gefiltert. Fossile Energie und andere kontroverse Branchen werden komplett ausgeschlossen.

Zu diesen kontroversen Branchen zählen:

  • Fossile Brennstoffe
  • Waffenproduktion
  • Tabakindustrie
  • Umweltzerstörung
  • Verstöße gegen internationale Normen wie
  • Steuerbetrug und aktive Steuervermeidung
  • Tabak und Alkohol
  • Glücksspiel und Pornografie

SRI steht für »Socially Responsible Investing« und bezeichnet das Investieren unter Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Kriterien. Zu deutsch etwa »Sozial verantwortungsvolles Investieren«.

Bildquelle: finanztip.de

finanztip mit Saidi

ESG & SRI: Sind solche ETFs immer nachhaltig?

Den Unterschied zwischen SRI und ESG erklärt Saidi von finanztip in seinem Video ESG & SRI: Sind solche ETFs immer nachhaltig?

Wie viel weniger CO2-Emissionen hat ein SRI-ETF im Vergleich zum klassiscchen MSCI World?

Die CO2-Intensität des MSCI World SRI Index beträgt 94,8 Tonnen CO2e pro Million US-Dollar Umsatz.6 Im Vergleich dazu beträgt die CO2-Intensität des MSCI World Index 132,1 Tonnen CO2e pro Million US-Dollar Umsatz.

Das bedeutet, dass der MSCI World SRI Index etwa 28,24 % weniger CO2-Emissionen aufweist als der MSCI World Index.7

Bringt ein ESG oder SRI-ETF mehr Rendite als ein ungefilterter MSCI World?

Schauen wir uns die Performance von vier ETFs von iShares an: 

MSCI ACWI MSCI World MSCI World ESG MSCI World SRI
1 Jahr
8,56 %
8,53 %
7,29 %
2,74 %
3 Jahre
32,24 %
34,91 %
34,91 %
23,19 %
5 Jahre
102,32 %
102,32 %
103,96 %
96,57 %
Kosten
0,2 %
Auf Sicht von fünf Jahren schneidet der klassische ungefilterte MSCI World mit 112,21 % Steigerung am besten ab. Es liegt an dir, als Investor zu beurteilen, wie weit Erdüberhitzung, Extremwetterereignisse und die Steigerung des CO2-Preises Unternehmen betreffen werden. Eine These könnte lauten: Angesichts der Erdüberhitzung und steigendem CO2-Preis werden Unternehmen mit niedrigen ESG-Risiken in Zukunft besser performen als Unternehmen mit hohen ESG-Risiken (schlechterem ESG-Rating). Dem gegenüber steht die MAGA-Entwicklung – die trumpsche Kampfansage »Make America Great Again« und die Ablehnung von Klimaschutz mit dem Schlachtruf »Drill, baby, drill« an die Ölunternehmen.8 Für manche Anleger spielt Nachhaltigkeit keine Rolle. Das einzige, was zählt, ist breite Diversifizierung und Rendite. Manche Anleger lehnen diese Klima-Debatte beim Investieren ab und kaufen Anteile am Anti-Woke-ETF: dem Azoria 500 Meritocracy.

Was sind Nachteile des SRI- und ESG-Investmentansatzes?

Fehlende Standards

Es gibt keine einheitlichen Standards, was »Nachhaltigkeit« oder »Klimafreundlichkeit« bedeutet und wie es genau gemessen wird. Tesla wird beispielsweise wird von den Rating-Agenturen MSCI, S&P Global und Sustainalytics sehr unterschiedlich bewertet. Als Investor musst du dir die Frage stellen: Was ist mir wichtig? Bildet die Rating-Agentur das mit Ihrer Filtermethode ab? Der Paris-aligned-Benachmark der EU ist ein Ansatz – genauer zu definieren, ab wann eine Unternehmenstätigkeit mit den Pariserklimazielen übereinstimmt.

Komplexe Bewertungen

Die Bewertungsmethoden der Ratingagenturen zur Erstellung eines ESG-Ratings sind sehr komplex und methodisch unterschiedlich. Einige beruhen auf freiwilligen Angaben der Unternehmen (Fragebögen), da nicht alle Daten in den Nachhaltigkeits- oder Geschäftsberichten veröffentlicht werden. Zudem sind die Bewertungsmethoden nicht immer transparent.

Weniger Diversifizierung

Statt in 2.900 Unternehmen beim MSCI World investierst Du beim MSCI World SRI in nur 400 Unternehmen. Diese Reduzierung widerspricht der Idee des passiven Investierens, die besagt: »Investiere in möglichst viele Unternehmen gleichzeitig.«

Potenzial für Greenwashing

Einige Unternehmen könnten ihre Nachhaltigkeitspraktiken übertreiben oder falsch darstellen, um in ESG- oder SRI-Indizes aufgenommen zu werden. Dies wird als Greenwashing bezeichnet und kann das Vertrauen der Anleger untergraben. Ein bekannter Fall: Der Greenwashing-Skandal bei der DWS. Dem Vermögensverwalter der Deutschen Bank wurde vorgeworfen, seine ESG-Investmentpraktiken übertrieben darzustellen und dadurch Investoren zu täuschen. Es kam zu einer Untersuchung und DWS wurde zu einer Geldstrafe von 19 Millionen US-Dollar verurteilt.

Weniger Diversifizierung

>Einige Unternehmen könnten ihre Nachhaltigkeitspraktiken übertreiben oder falsch darstellen, um in ESG- oder SRI-Indizes aufgenommen zu werden. Dies wird als Greenwashing bezeichnet und kann das Vertrauen der Anleger untergraben. Ein bekannter Fall: Der Greenwashing-Skandal bei der DWS. Dem Vermögensverwalter der Deutschen Bank wurde vorgeworfen, seine ESG-Investmentpraktiken übertrieben darzustellen und dadurch Investoren zu täuschen. Es kam zu einer Untersuchung und DWS wurde zu einer Geldstrafe von 19 Millionen US-Dollar verurteilt.9

Ölunternehmen in nachhaltigen Fonds

Um zu prüfen, wie viel Anteil nicht nachhaltiger Unternehmen in einem als grün deklarierten Fonds stecken kannst Du die ISIN auf faire-fonds.info eingeben. Für den Xtrackers MSCI World ESG wird diese Gesamthöhe kontroverser Unternehmensbeteiligungen mit 21 % deklariert.10

Verpasste Renditechancen

Im Jahr 2022 griff Russland die Ukraine an. In den folgenden fünf Jahren stieg der Aktienkurs von Rheinmetall um 2.274 %. SRI- und ESG-Anleger haben diese Renditeexplosion verpasst. Rheinmetall ist von Rating-Agenturen als »Waffenproduzent« rot markiert und aus nachhaltigen ETFs ausgeschlossen. Dabei sind Rheinmetall nicht mehr die Schmuddelkinder der deutschen Wirtschaft, sondern produzieren für unsere Verteidigungsfähigkeit. Die Definition, was nachhaltig ist und was nicht, muss immer neu diskutiert werden. Die ETFs bilden diese Veränderungen in der Weltlage jedoch viel zu träge ab. Wann werden Waffenproduzenten in nachhaltige ETFs aufgenommen? Ist Sicherheit ein positives Einschlusskriterium?